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Die Cycle Show 2003 in London

September 2003. Von Mike Hessey (Text und Fotos)

Eigentlich finde ich Fahrradmessen heutzutage nicht sonderlich interessant - ein ganz persönlicher Standpunkt, der mit meinem Alter, meinem geringen Interesse an Mountainbikes und BMX-Rädern und meinem Widerwillen Lärm gegenüber zu tun hat. Dennoch fand ich die letztjährige Cycle Show in Islington, es war die erste, sehr erfreulich und einen Besuch wert. Ich habe also nicht gezögert, dieses Jahr wieder hinzugehen. Ich konnte mir eine Pressekarte besorgen, was mir nicht nur Geld sparte, sondern auch ermöglichte, den ruhigeren Donnerstag zu nutzen.

Messe

Gleich neben dem Eingang im Erdgeschoß stand so ziemlich als erstes ein Specialized-Faltrad. Die Konstruktion scheint nicht weiter bemerkenswert, doch es ist gut, daß große Hersteller anfangen, dem Faltrad-Markt mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Den Rest der ziemlich kleinen Ausstellungsfläche fand ich nicht sehr interessant, doch als ich die Treppe zum nächsten Stockwerk hochging, stand ich sofort dem Trek-Faltrad gegenüber - noch ein neues Faltrad eines Großserien-Herstellers. Auf Basis einer Rahmenkonstruktion sind drei Modelle erhältlich, eines mit Nabenschaltung und Kettenschutz. Die Konstruktion machte keinen besonders revolutionären Eindruck, das auffälligste war das bemerkenswert voluminöse Rahmenrohr.

Trek1

Ich bin dann nach hier und da durch die Ausstellung geschlendert, doch im Dienste dieses Artikels werde ich eine sinnvollerere Route wählen - zumindest für die an Falträdern und Moultons interessierten. Der ganz rechte Gang führte mich zum wie immer schlicht und funktionell gehaltenen Stand von Brompton - das Produkt spricht für sich. Das Rad bleibt im wesentlichen unverändert, allerdings hat es jetzt einen neuen Lenkerhalter, der nicht mehr mit einem Kabelbinder verstärkt werden muß, um den gefalteten Lenker zu sichern. Es scheint auch ein paar neue Farben zu geben.

Brompton1

Am wichtigsten aber (für mich!) war das neue, leichte Gestell für den vorderen Trägerblock - ein Ergebnis (wie auch der Lenkerhalter) von neuerdings angewendetem CAD (Computer Aided Design). Es besteht aus Aluminium und Kunststoff, fühlt sich aber immer noch sehr stabil an und ist vom Gefühl her ganz erheblich leichter als das bisherige Gestell. Für die, denen es noch nicht aufgefallen ist: Die Brompton-Taschen werden auf ein Gestell gezogen und dieses wird am Trägerblock befestigt. Das Gestell ist zwar alleine erhältlich, aber wenn man eine Brompton-Tasche hat, kann man sie auch vom Gestell abnehmen und andere daran montieren, wie ich das bei Foto-Reisen gemacht habe. Ich werde mir sicherlich das neue Gestell anschaffen - es paßt natürlich an den alten Trägerblock.

Brompton2

Den Gang hinunter am Ende der Halle kam ich an den ziemlich beeindruckenden Stand von Airframe. Dort standen einige Räder in attraktiven Farben - und ich konnte mich mit dem Entwickler Grahame Herbert unterhalten. Das Airframe ist ein recht reizvolles Produkt, mit deutlichen Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Design (was auch verbesserten Herstellungsmethoden zu verdanken ist).

Airframe1
Airframe2

Die Tragetasche kann während der Fahrt als Gepäcktasche verwendet werden. Ich hatte neulich bei einem Besuch der National Cycle Collection Gelegenheit, ein neues Airframe zu testen, wenn auch nur für ein paar Kilometer. Ich glaube, dieses Rad muß jeder selbst ausprobieren und sich ein Bild machen. Doch man sollte es gründlich testen - es kann sich in den ersten Minuten seltsam anfühlen, doch man wird vertraut damit. Mit konventionellen Rädern und auch dem Brompton verglichen wirkt es etwas labil, wenn auch lange nicht so sehr wie ein Bickerton. Wenn man sich nicht weiter drum kümmert, bemerkt man das nach wenigen Minuten kaum noch. Für kräftige oder schwere Fahrer dürfte es jedoch nichts sein. Bei meinem Test erschienen mir die Gänge etwas hoch übersetzt, ich konnte aber doch einen steilen Hügel gut bewältigen.

Avon1

Am Stand von Avon Valley Cyclery, dem wohl größten Faltradhändler in Großbritannien, gab es neben vielen Rädern der verschiedensten Hersteller eine sehr schicke Ledertasche (oder war es Kunstleder?) für den Gepäckträger des Bridgestone-Moulton.

Bridgestone

In der Mitte der Etage gab es noch einige andere Aussteller mit interessanten Falträdern. Die Dahon-Modelle wurden bei Fisher ausgestellt, wo ich Gelegenheit hatte mit Mark Bickerton vom britischen Dahon-Importeur Cyclemotion zu sprechen. Dahon ist gewiß der größte Faltradhersteller weltweit - nicht nur was die Verkaufszahlen angeht, sondern auch die Modellvielfalt betreffend: Es gibt wohl kein Gebiet, auf dem sie nicht vertreten sind, einschließlich faltbarer Mountainbikes und Tourenräder mit großen Rädern. Dahon kann auch nicht länger als Massenhersteller einfacher Modelle abgetan werden - die Ausstattung und Qualität vieler Modelle ist mittlerweile hervorragend. Sie bieten sogar ein Elektro-Faltrad an.

Dahon

Ganz in der Nähe lag der Stand einer neuen Firma, Bliss Bikes, die einige Elektro-Fahrräder zeigten, darunter dieses Faltrad. Ich bin da nicht wirklich kompetent und überlasse den Kommentar lieber A to B.

Bliss

Die Übernahme der britischen Firma Sturmey-Archer hat vielen Sorgen gemacht, und es dauerte einige Zeit bis die Firma, die den Namen beibehalten und die Produktion in Taiwan wiederaufnehmen wollte, sich etablieren konnte. Doch jetzt sind sie auf die Bühne zurückgekehrt und haben drei Serien vorgestellt: 3-Gang, 5-Gang- und 8-Gang-Naben. Von allen gibt es verschiedene Modelle.

Die Leser wird wohl die 8-Gang-Nabe am meisten interessieren. Hier also ein paar zentrale Informationen: Die Gabelweite beträgt 131 mm (130 mm mit Rollenbremse), der Gangumfang beträgt 305 %, die einzelnen Gänge 100 %, 128%, 145%, 163%, 186%, 210%, 238% und 305%. Die dicht beieinanderliegenden Gänge in der Mitte, kombiniert mit größeren Sprüngen an den Enden halte ich für ein gutes Konzept, allerdings ist die Höhe des Gangsprungs größer, als ich für ideal hielte - sagen wir 25 % (besonders vom 7. zum 8. Gang). Die Nabe wiegt 1,75 kg mit Trommelbremse und 1,45 kg in der Version für Rollerbremse. Sie wird mit 36 und 28 Speichenlöchern erhältlich sein. Als Ritzel werden 23er und 25er genannt - das scheint groß, aber der kleinste Gang ist auch der Direktgang.
[Anmerkung der Bromptonauten: Ob kleinere Ritzel montiert werden können, muß noch geklärt werden.]

SA1
SA2

Muster wurden offenbar vor kurzem einigen Fahrradherstellern zur Verfügung gestellt. Es wurden zwar Namen erwähnt, doch wäre es unpassend, sie jetzt schon zu nennen. Es wird sicher noch einige Zeit vergehen, bis die Erprobung und die Enwicklung von Rädern für diese Nabe abgeschlossen ist. Wir werden uns also noch einige Monate gedulden müssen - es sei denn, Steve Parry hat auch schon eine!

In der oberen Etage stieß ich auf den Stand von Airnimal mit einigen Liegerädern. Neben dem inzwischen bekannten Chameleon zeigten sie sie ein ungewöhnliches, vollgefedertes Faltrad mit kleinen Rädern, anscheinend für den Off-Road-Gebrauch (dem Federweg der Vordergabel und den Stollenreifen nach zu urteilen). Ich hätte gerne mit Richard Loke darüber gesprochen, doch jedes mal wenn ich am Stand vorbeikam schien er beschäftigt. Wir werden also noch auf genauere Informationen warten müssen.

Airnimal

Nebenan war das neue, kettenlose Zero-Faltrad zu sehen - zusammen mit den anderen Zero-Modellen, die ebenfalls Kardan-Antrieb haben. Mein Foto der aufgeschnittenen Antriebswelle ist leider mißraten. Die Idee des kettenlosen Fahrrads ist sicher verführerisch für Falt- oder Stadträder, doch alle bisherigen Versuche, solche Lösungen durchzusetzen, waren erfolglos, weil Probleme mit den Kosten und mit dem schlechteren Wirkungsgrad im Vergleich zu einem einfachen Kettenantrieb nicht gelöst werden konnten. Das Zero fühlte sich etwas schwer an. Ich hatte allerdings keine Gelegenheit, es zu fahren; wir müssen mit dem Urteil also warten, bis jemand es gründlich getestet hat.

Zero1
Zero2

Vielleicht noch ein interessanter Falter auf dieser Etage war ein Roller mit großem Vorder- und kleinem Hinterrad. Die nicht-faltbare Version war schon letztes Jahr zu sehen und einer dieser Roller hat offenbar im August dieses Jahres erfolgreich am PBP teilgenommen! Die faltbare Version war ein Prototyp, der sich recht kompakt falten ließ (im Bild teilweise und ganz gefaltet neben dem Entwickler Jason Iftakhar).

Roller

Ich habe mich hier auf die wichtigsten Aussteller aus meiner Sicht und der anderer mit einer Faltrad-Vorliebe konzentriert. Es gab noch viele Messestände, die sicher die meisten Leser interessieren dürften - es ist bemerkenswert, daß auch auf vielen anderen Ständen bekannte Falträder (Bromptons, Birdys und sogar ein Frog) zu sehen waren. Die Cycle Show 2003 war meiner Meinung nach wirklich einen Besuch wert - Ich hoffe, sie wird nächstes Jahr wieder veranstaltet.

Und hier die möglicherweise schrägste Konstruktion (kein Faltrad) auf dieser Messe:

Seltsam

© Mike Hessey, Folding Society, Übersetzung von Rainer Zenz. Leicht gekürzte Fassung


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