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Einbau von Umwerfer und doppeltem Kettenrad

Bodo von der Ruhr

Bodo von der Ruhr schickte uns diesen Erfahrungsbericht über seinen erfolgreichen Versuch, ein Drei-Gang-Brompton durch einen Kurbelsatz mit doppeltem Kettenrad und Umwerfer in ein Sechs-Gang-Brompton zu verwandeln. Er ist nicht der erste, der das gemacht hat, aber sein Konzept besticht durch Kühnheit und die sehr breite Entfaltung der Gänge. Kombiniert mit dem hier an anderer Stelle beschriebenen Umbau zum Sieben-Gang-Rad könnten sogar 14 echte Gänge realisierbar sein. Eine konventionellere Abstufung der Kettenblätter ist natürlich ebenfalls möglich.

Ich bin in Witten beheimatet. Das liegt etwa in der Mitte des Dreiecks aus Dortmund, Bochum und Hagen. Hagen nennt sich "Das Tor zum Sauerland". Sauerland = Berge! Fast immer den ersten, selten den zweiten und nie den dritten Gang beim Original!

Also habe ich Überlegungen angestellt, wie man vorne mehrere Kettenblätter montieren könnte. Zwei sollten funktionieren, da dabei der Schräglauf der Kette in zulässigen Grenzen bleibt.


Erste Versuche

Dann habe ich vor dem Rad auf der Terrasse gesessen. Habe mir angesehen, was passiert, wenn man das Hinterrad umklappt. Wie sind die Abstände vom Hinterbau zur Kurbel? Wie längt sich die Kette? Könnte man ein neues breiteres Innenlager einbauen um bei zwei Blättern den nötigen Abstand zu bekommen? Möchte man einen Umwerfer überhaupt anbringen können? Gezeichnet, überlegt, gemessen, wieder gefaltet und wieder überlegt.

Bei meinen ersten Versuch hatte ich ein 42-er Kettenrad auf die originalen Kurbeln aufgeschraubt. Dazu hatte ich in das Brompton-Kettenrad die nötigen Löcher gebohrt. Wichtig waren noch die Unterlegscheiben, die erst den nötigen Abstand zwischen den Kettenblättern bewirkten. Das kleine Blatt musste dabei nicht nur um den Betrag der Breite der Kette nach außen gebracht, sondern auch noch der Schräglauf der Kette einkalkuliert werden.

Versuch1

Dann die Reservekurbeln vom MTB geholt. Auf das Innenlager geschoben. Überlegt. Die Kurbeln angeschaut. Einen Inbusschlüssel geholt und alles demontiert. Da hatte ich die Idee, das äußere Blatt an die Stelle des mittleren zu setzen. Kein Bier, kein Abendessen, nur besessen! Meine Frau hat den Kopf geschüttelt und wußte: Bitte nicht stören!

Dann die Zweifel. Wird der Kettenspanner hinten den Längenausgleich verkraften? Kann man überhaupt von 22 nach 42 Zähnen schalten? Wo und welchen Umwerfer verwenden? Aber mir war zunächst alles egal. Ein Deore-Tretlager hatte ich mal auf dem Flohmarkt für 50 DM erworben und so kosteten die ersten Versuche weiter kein Geld. Wenn ich davon zu viel hätte, hätte ich ja gleich ein Mountaindrive bestellt. Und Spaß macht so eine "Knüsterei" ja auch.

Siehe da - die Experimente waren erfolgreich. Der Trick war tatsächlich, das mittlere Kettenrad zu entfernen und das Große an seiner Stelle zu montieren. Die Berechnungen zur Entfaltung ergab, daß drei echte neue Gänge in Richtung leicht gewonnen werden.

Kettenrad

So weit alles top. Nun hatte ich ein Problem dadurch, daß die Umwerfer auf dem Markt entweder für zwei Blätter ausgelegt sind, dann nur 15 Zähne Differenz verkraften oder auf drei Blätter ausgelegt, dann aber bei einem Schaltvorgang nicht den ganzen Weg zurücklegen, der nötig wäre.

Meine Schwierigkeiten mit dem Umwerfer haben sich dann doch erledigt. Zumindest was das Schalten betrifft. Da ich keinen passenden Umwerferhalter für das Brompton hatte, bin ich ans Trekkingrad und habe da die Kurbeln montiert, die ich später am Brompton fahren wollte. Siehe da - es klappte tatsächlich. Ich hatte die Auf- und Abwärtsbewegung des Umschalters überschätzt. Die spielt offenbar nicht die entscheidende Rolle beim Schalten.

Der zunächst verwendete MTB-Umwerfer ist für einen Rohrdurchmesser von 34,9mm gedacht. Am Anfang dachte ich an eine neue Schelle und Wegfeilen des Materials, aber dann bemerkte ich, daß die Position des Umwerfers viel zu weit hinten liegen würde. Beim Brompton liegt das Tretlager nicht wie üblich unter dem Sattelrohr, sondern direkt davor. Also geht es wohl nur mit einer selbst gebauten Halterung und einem Umwerfer aus dem Rennbereich.

MTB-Umwerfer

Dann am nächsten Tag eine flexiblere Kette gekauft. Das Original ist stocksteif und äußerst unwillig, sich seitlich zu bewegen. Meine Enttäuschung war groß, als die Neue nicht über das Ritzel laufen wollte. Alles englisch und nix passt? Auf den Seiten von Sturmey Archer fand ich eine Montage-Anleitung. Der zufolge war es ohne Spezialwerkzeug möglich, das Ritzel von der Nabe zu entfernen. Lediglich ein Spannring mußte entfernt werden. Mit Gefummel und zwei Schraubenziehern habe ich den also runter bekommen. Nicht ohne zu fluchen, wie ich gestehen muß. Die neue Kette ist über 1 mm schmaler als das Original. Und da hat sich die unsaubere Verarbeitung des Ritzels ausgewirkt (Grate). Im Keller am Schleifstein war der "Schaden" schnell behoben. Die Kette läuft so sauber, wie es sein soll!

Zwischenbemerkung: Da müssen wir die Engländer in Schutz nehmen. Es gibt zwei veschiedene Kettenmaße: 1/2" x 1/8" ist die Standardgröße für Räder mit Nabenschaltung. Diese Ketten sind seitlich nicht flexibel. 1/2" x 3/32" sind schmalere, seitlich flexible Ketten für Räder mit Kettenschaltung. Für die ist dann das Standardritzel zu breit.

Beim Zusammenbau traten "rückwärts" die gleichen Probleme auf. Und wichtig: Man lese auch die Anleitung von Sturmey Archer hinsichtlich der Justage der Schaltung! Die Probefahrt von 32 km über Stock und Stein (Feldwege) verlief äußerst zufriedenstellend. Die Kette mußte ich wegen der Berge einige Male von Hand umlegen, aber sie ist nicht abgesprungen und hat toll ihren Dienst getan.


Die Lösung

Dann stand ich vor den nächsten Hürde. Der Umwerfer. Wie befestigen? Kann man einen aus dem Shimano-Programm verwenden? Kataloge gewälzt (Rose, Brügelmann). Nichts dabei. Also ins Internet. Riesige Enttäuschung: Meine Erfindung war bereits erfunden! Wat nu? Weiter, nur weiter. Durch ein wenig Rechnen bin ich schnell drauf gekommen, daß die anderen Lösungen alle nur einen "echten" Gang mehr brachten. Dafür der ganze Aufwand? Dann hätte ich lieber ein 16er-Ritzel bei Brügelmann für 3,50 Euro bestellt (Gibt es dort bis 22 Zähne und heftig billiger als bei Voss!) und mich mit den 3 Gängen beschieden. (Voss bietet nur ein 14er-Ritzel an und sonst ein neue Kurbel mit kleinerem Kettenrad. Da ist es deutlich billiger, hinten ein größeres zu montieren.)

Ab zu meinem Fahrradladen. Diskussion. Schließlich wollte man mir einen Umwerfer aus dem 27-Gang-Rennradprogramm besorgen. Und gleich dazu noch einen ollen Shimano-Daumenschalter. Die Leute waren wirklich hilfsbereit, kennen sich aus und haben mir auch noch Mut gemacht. Alter Familienbetrieb. Nach anderen üblen Erfahrungen im Laufe der Jahre bin ich dort "hängen" geblieben und noch nicht einmal über den Tisch gezogen worden. Ja, doch, so etwas gibt es noch.

Nun fehlte mir zum meinem Glück nur noch die Halterung. Die hatte ich bei einem Schlosser in Auftrag gegeben und nach nervigem Warten auch bekommen. Und dann die bange Frage: Wird alles klappen wie gewünscht?

Schelle

Geschafft! Es funktioniert tatsächlich! Aber der Reihe nach.

Die Halterung war angekommen. Aufregung! Nachdem ich sie angeschraubt und die ersten Schaltversuche durch Drücken am Umwerfer gemacht hatte, wurde ich ruhiger. "Es klappt!", brüllte ich begeistert aus dem Keller nach oben und von dort kam ein: "Na Prima." zurück. Für den Rest der Arbeit habe ich mir dann Zeit genommen. Meine Frau hat sowieso nicht mehr mit mir gerechnet ...

Der Schaltgriff ist übrigens ein alter Shimano Daumenschalter. Er ist eigentlich für drei Stellungen gedacht, aber durch die Begrenzungsschrauben am Umwerfer kennt er nur linken oder rechten Anschlag. So gibt es beim Schalten kein Fummeln.

Nach der Probefahrt habe ich mir den Schweiß von der Stirn gewischt. Es war unerträglich schwül zu der Zeit. Was für ein Sommer! Die verlorene Flüssigkeit habe ich mit einem kühlen Bier ausgeglichen. Auf den Erfolg, versteht sich.

Es schaltet sich traumhaft! Man merkt wirklich nicht den Riesensprung zwischen den Kettenrädern. Ich befürchtete ein Aufreiten der Kette - nix! Ein Druck auf den Hebel und sie sitzt! Durch die Justage des Umwerfers für einen korrekten Links-Rechts-Anschlag ist das auch nicht fummelig. Ziehen oder drücken - fertig! Man muß auch nicht überschalten. Alles total easy!

Umwerfer

Die Bilder zeigen alles, was wichtig ist. Leider auch, daß der Umwerfer zu weit nach hinten "gerutscht" ist. Der Halter für den Falter wurde leider nicht exakt nach meinen Vorgaben gefertigt. So steht er etwas schief um nicht beim Schalten an den Hinterbau zu schlagen. Dadurch macht die Kette leichte Geräusche im kleinen Gang. Wird das Rad geklappt - Pardon, gefaltet, muß man vorher auf eine gute Position der rechten Kurbel achten. Das Verstellen ist geklappt nicht so schön, weil die Kette über den Umwerfer schleift. Das sind aber auch schon alle Nachteile.

KleinerGang

Falten: Speziell im kleinen Gang kein Problem. Die Kette wird durch den Umwerfer so weit unter Spannung gehalten, daß sie nicht schlabbert. Ich hatte nun nach dem Umbau abends keinen langen Ausritt mehr gemacht, aber um den Häuserblock gab es Steigungen und Kopfsteinpflaster. Keine Probleme, im Gegenteil, jetzt macht es richtig Spaß!

Gefaltet

Also, den Umbau kriegt jeder hin und hat den Vorteil, echte sechs Gänge zu bekommen, die hintereinander liegen. Eine Entfaltung wie beim Mountainbike. Die großen Sprünge sind zunächst ungewohnt, aber in der Praxis kein echtes Problem. Geschaltet wird kleines Blatt und dann die Nabe 1., 2. und 3. Gang. Danach großes Blatt und wieder Nabe 1, 2 und 3. Gang. Nicht wie bei anderen Lösungen ein Hin- und Her von Kettenrad und Nabe, das eh keiner kapiert.

Bei den anderen vergleichbaren Lösungen bekommt man nur einen echten Gang hinzu und das ist mir für die Kosten dieser kommerziellen Umbauten zu teuer. Ich bin den Sommer über viel mit dem Rad gefahren. Es hat immer Spaß gemacht. Meine Frau hat im Vergleich dazu das Mountainbike oder Trekkingrad genommen und ich konnte immer gut mithalten. Zusammengebrochen ist das Brompton trotz Wald- und Feldwegen und meines Nettogewichts von 110 Kilo auch nicht. Und wie anders will man als 52-jähriger die Blicke auch der Jüngeren auf sich ziehen als mit so einem Rad!

Ich denke, jeder der das so nachbauen möchte, schafft es mit ein wenig Geduld und einem Schlosser, der die Umwerferhalterung anfertigt. Als Besonderheit ist dann nur noch ein Daumenschalter nötig. An Werkzeug wird nichts außergewöhnliches gebraucht, nur das, was der Hobbyschrauber ohnehin im Keller hat.

Also allen viel Glück und Erfolg!

An dieser Stelle meinen Dank an meine Frau, die mich allein schon durch ihre Engelsgeduld unterstützt hat und die für meinen Spleen seit Jahren Verständnis aufbringt. Nicht zu vergessen die Mannschaft bei Rad Klein in Hagen, von der ich manchen Tip bekommen habe und die das Projekt begeistert begleitet hat.


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